(Text aus dem Juliäumsgottesdienst am 12.März 2023)
Kennen Sie Kintsugi?
Das ist eine traditionelle japanische Reparaturmethode für Keramik, wenn sie zerbrochen ist.
Dabei wird jedoch nicht versucht, die Teile wieder so zusammenzufügen, dass die Risse und Bruchkanten unsichtbar werden, sondern genau das Gegenteil:
Der Bruch wird vergoldet.
Aus dem Zerbrochenen entsteht eine Kostbarkeit.
Eine neue Teeschale etwa, die ich wieder benutzen kann.
Mit einer ihr eigenen Schönheit, die dadurch entsteht, dass die Bruchstellen golden hervorgehoben werden.
Der Schmerz wird also gerade nicht unsichtbar gemacht, mit dem Gold werde ich/ werden wir vielmehr eingeladen hinzusehen.
Immer wieder neu hinsehen, um den Schmerz in der Welt – und bei sich selbst – nicht zu übersehen.
Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Gott zählt die Sterne und nennt sie alle mit Namen.
Weil Gott ja eine*r ist, der dich sieht, die das Ganze sieht in deinem Leben.
Dir An-sehen gibt. Und zwar nicht trotz, sondern mit den ureigenen Brüchen und Wunden.
Jede hat und kennt sie, die vertanen Chancen, Enttäuschungen, Krisenwunden. Schuldgefühle, die nicht nur Fehler sind.
Und normalerweise halten wir sie sorgsam verborgen – die eigene Verletzlichkeit, der Riss, die Wunde m Herzen, im Leben.
Bei Kintsugi wird genau dies scheinbar Unvollkommene, wird das Zerbrochene, der Schmerz vergoldet und zur Kostbarkeit erklärt.
So sollten wir‘s auch machen!
Denn damit wird die Erfahrung gewürdigt, dass Zerbrochenes sich wieder fügt, dass der Himmel wieder blau werden und die Hoffnung uns neu erfüllen kann, wie ein heiles Gefäß.